In der IVF-Laborpraxisrutine wird die Qualität der Eizellen und nach der Befruchtung die Embryonen durch Qualitätsmerkmale mit Hilfe sog. Scoresystem beurteilt. Mit dieser indirekten Diagnostik kann man die Qualität der Eizelle und der Embryonen in Hinsicht auf die Fähigkeit der weiteren Entwicklung bzw. Befruchtung (Eizelle) bis zur Einnistung (Embryonen) und der daraus folgenden Schwangerschaft beurteilen. Auf Grund der vorgegebenen äußeren Merkmale ist es heutzutage möglich eine gute prognostische Aussage über das Entwicklungspotenzial des Embryos zu treffen. Der Nachteil des Scoresystems ist, dass es nicht innere genetische Anomalien erfassen kann. Das heißt, trotz einem sehr guten Qualitätsscore eines Embryos kann es vorkommen, dass keine Einnistung in der Gebermutter nach dem Embryotransfer stattfindet. Deshalb wird seit mehreren Jahren intensiv geforscht mittels genetischer Untersuchung eine Methode zu entwickeln, welche eine exakte Voraussage über das Entwicklungspotenzial der Eizelle, Embryonen gibt. Zurzeit gibt es zwei diagnostische Methoden die erlauben die Qualität der Embryonen, Eizellen zu untersuchen.
PID - Präimplantantionsdiagnostik an den Embryonen
Die Präimplantationsdiagnostik ist ein diagnostisches Verfahren zur Untersuchung der Embryonen im 4-8 Zellstadium auf genetisch bedingte Erbkrankheiten, wie z.B. Trisomie 21, Zystische Fibrose, Thalassämie. Außer Chromosomenfehlverteilungen können bestimmte genetische Defekte vor Einpflanzung eines Embryos diagnostiziert werden, somit können Implantation und eventuelle spätere Abtreibung eines erkrankten Fötus verhindert werden. Die Präimplantationsdiagnostik setzt eine IVF/ICSI-Behandlung voraus, da nur unter dem Mikroskop dem Embryo die Zellen entnommen werden können
Sie wurde zu Beginn der 90er Jahre entwickelt und wird in manchen Europäschen Länder sowie im USA, Australien angewandt. Erstes gesundes Kind nach PID wurde vom Handysie et al im Jahre 1992 beschrieben. Es handelte sich um den Ausschluss einer zystischen Fibrose (sog. Muskelschwund). In Deutschland war bis 06.07.2010 jegliche Manipulation am Embryo durch das Embryonenschutzgesetz verboten. Nach dem Urteil vom Bundesgerichtshof ist es nicht mehr strafbar solche Untersuchung durchzuführen.
Bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Erbschäden dürfen Ärzte künftig im Reagenzglas befruchtete Eizellen auf Genschäden untersuchen und nur die gesunden Zellen für eine künstliche Befruchtung auswählen. Embryonen mit Gendefekt dürfen straflos verworfen werden, urteilten die Richter des 5. Strafsenats. (AZ: 5 StR 386/09)
Durch die Präimplantationsdiagnostik (PID) soll die Zahl der Abtreibungen behinderter Kinder vermindert werden.
Die Technik ist deshalb auch nur den Angehörigen von Risikogruppen vorbehalten, ein darüber hinaus gehender Einsatz bleibt strafbar. Das Gericht betonte ausdrücklich, dass damit der Weg für Designer-Babys – also die beliebige Auswahl von Embryonen für die Geburt eines Wunschkindes – nicht geöffnet ist.
Voraussetzung für die Präimplantationsdiagnostik ist die positive Befruchtung und ein intakter Embryo. Am Tag 2 nach der Punktion werden mittels spezieller Entnahmetechnik dem Embryo 1 bis 2 Blastomeren d.h. Zellen entnommen und auf dem Untersuchungsglas fixiert. Anschließend werden die Embryonen im Labor auf genetische Fehler untersucht. Dazu stehen je nach Fragestellung zwei verschiedene Verfahren zur Verfügung, die Chromosomendiagnostik mit der Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) und die molekulargenetische Diagnostik mit Hilfe der Polymerase Kettenreaktion (PCR). Mittels der Chromosomendiagnostik können Chromosomenfehlverteilungen, wie z.B. bei der Trisomie 21 festgestellt werden, mittels PCR Krankheiten, die auf einzelne Gendefekte zurückzuführen sind.
Die Präimplantationsdiagnostik dient dazu bestimmten Erbkrankheiten auszuschließen.
In den letzten Jahren im Zuge der durchgeführten Studien ist diese Methode jedoch immer mehr in die Kritik geraten. Man zweifelt nicht an den positiven und vorteilhaften Ergebnissen einer genetischen Untersuchung an Embryonen mittels der Entnahme von Blastomeren (am Tag 2 sind das sog. Stammzellen), nur an der Methodik. Man vermutet, dass die Entnahme von Stammzellen eine direkte negative Auswirkung auf die weitere Entwicklung des Embryos in der Kultur sowie auch vielleicht auf daraus geborenen Kindern haben kann. Deshalb bieten wir diese speziale Diagnostik nur den Patienten an, bei denen ein schwerwiegender Gendefekt vorliegt, welcher durch die nächste Generation vererbt werden kann. Eine PID Diagnostik durchzuführen, um dadurch bessere Chancen zu haben Schwanger zu werden, ist aus oben genanten Gründen sinnlos und trägt zu vielen Risiken, die man aufgrund des jetzigen Wissensstandes nicht abschätzen kann. Deshalb sollten Sie als Patient all jenen Anbietern keinen Glauben schenken welche diese Technik anwenden und durch die PID Diagnostik bessere Chancen bei der Implantations- bzw. Schwangerschaftsrate mit Hilfe der PID Diagnostik versprechen.
In den letzen 2 Jahren wurde diese Problematik intensiv durch die Beobachtungsstudien im Ausland (Belgien, Dänemark, USA) untersucht. Man stellte fest, dass eine bessere Schwangerschaftsrate mit Hilfe dieser Methode nicht erreicht werden kann. Gleichzeitig hat man in Frage gestellt, ob die Entnahme von 1 bzw. 2 Stammzellen nicht ein hohes Risiko für die zukünftige Embryonale Entwicklung darstellt. Man hat ausserdem festgestellt, dass mit Hilfe der Blastomerenuntersuchung eine schlechtere Schwangerschaftsrate zu verzeichnen war Dabei wurde über eine Schädigung des Embryos als Folge der Blastomerenbiopsie, entweder durch den Verlust von 2 Zellen oder durch die Entnahmeprozedur, vermutet. Ein weiterer wesentlicher Grund für die schlechten Schwangerschaftsraten nach Blastomerenuntersuchung könnte auch durch das Auftreten von Mosaikbildung begründet sein. Ein chromosomales Mosaik liegt vor, wenn eine Zelleinheit nicht aus identischen, sondern aus unterschiedlichen Chromosomenzusammensetzungen besteht. Offensichtlich sind chromosomale Mosaike bei Embryonen deutlich häufiger als bisher angenommen wurde. Da aussagefähige und statistische Daten fehlten, wurde diese Methode ausdrücklich nur in Verbindung mit Gendefekten empfohlen.
PKD Polkörperdiagnostik an den Embryonen
Es gibt numerische und strukturelle Chromosomenstörungen. Numerische Chromosomenstörungen (Aneuploidien) sind in der Regel nicht ererbt, sondern entstehen bei der Reifung der Keimzellen. Etwa 80 % der späteren embryonalen Aneuploidien können aus der ersten meiotischen Reifung der Eizelle (Erster Polkörper) resultieren. Unter Aneuploidie Screening versteht man den Ausschuss numerischer chromosomaler Aberrationen am Embryo vor dem Retransfer. Auch im sich morphologisch normal entwickelten Embryo ist die Aneuploidie mit bis zu 65% die häufigste Embryopathologie. Das Auftreten der chromosomalen Fehlverteilungen in der Eizelle ist die
Hauptursache von Fehlgeburten. In den allermeisten Fällen entstammen diese einer Fehlverteilung bei der meiotischen Teilung der Eizelle. Seit Anfang der 1990-Jahre kann man Eizellen untersuchen, ohne sie dabei zu schädigen. Die Polkörperdiagnostik als indirekte Untersuchung der Eizelle ist für eine limitierte Anzahl von Chromosomen etabliert. Der Polkörper ist ein Nebenprodukt des Reifeteilungsprozesses der Eizelle. Dieses Nebenprodukt kann dank des In-vitro Verfahrens nach der Eröffnung der Zona pellucia mithilfe einer Mikropipette entnommen werden. Die Eizelle selbst bleibt bei PKD unangetastet, wodurch das Risiko einer Schädigung nahezu auf Null reduziert werden kann.
Hauptindikation der PKD bzw. PID Diagnostik sind:
das Alter der Patientin
ungeklärte, wiederholte IVF-Implantationsversagen
Erbkrankheiten
Nachteile der Polkörperdiagnostik sind vor allem:
Mit Hilfe der Polkörperdiagnostik kann man nur die mütterliche Erbinformation auf evtl. Defekte untersuchen. Ein komplettes Genscening beider Eltern ist mit dieser Methode nicht möglich.
Die Kritiker dieser Methode zweifeln an der erhöhten Schwangerschaftsrate mittels Aussortierung der anuploidien Eizellen.
Der Anzahl der für die Untersuchung zur Verfügung stehenden Eizellen muss so groß wie möglich sein, denn nur so ist die Chance gegeben, eine Eizelle ohne Defekte zu finden. Das Problem liegt daran, dass die aneuploidie Anomalien sich mit steigendem Alter der Patientin häufen und gleichzeitig die Anzahl der gewonnen Eizellen sinkt. Eine PKD würde dann keinen Sinn mehr ergeben da nur 2, 3 Eizellen zur Verfügung stehen.
Unser Zentrum arbeitet mit einem externen genetischen Labor zusammen. Sollte es medizinisch erforderlich sein, bieten wir unseren Patienten beide Diagnostikmethoden an.
Die Untersuchung verläuft in enger Zusammenarbeit mit dem genetischen Labor. Nach der Entnahme der Polkörper bzw. 1 Blastomere pro Embryo in unserem IVF Labor wird das entnommene Material auf einem Träger fixiert und sofort ans Labor per Kurier versendet. Das entnommene Material (Polkörper (PKD), Blastomeren (PID)) werden mit der FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) oder PCR (Polymerase-Kettenreaktion Methode durchgeführt. Bevor ein Embryotransfer stattfindet, werden nach dem Erhalt der Analyseergebnisse die Embryonen welche aneuploide bzw. Erbdefekte aufweisen aussortiert.
Zusammenfassung der genetischen Polkörper- und Präimplantationsdiagnostik
Die zahlreichen Studien, welche in den letzten Jahren durch unterschiedliche IVF Gruppen durchgeführt wurden, brachten keine deutlichen Ergebnisse um die Wertigkeit der genetischen Untersuchung im Bezug auf die höhere Schwangerschaftsrate zu untermauern. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich folgendes zusammenfassen:
die höhere Schwangerschaftsrate – auch pro Embryotransfer- ist nicht gegeben
die Rate der Zyklen ohne Embryotransfer ist höher.
die Zahl der transferierten euploiden Embryonen ist niedriger.
Frauen höheren Alters über 40 Jahre profitieren.
Patientinnen mit einer niedrigen Zahl von Eizellen profitieren von der Methode nicht.
die Spontanabortrate bei den Patientinnen ist wahrscheinlich niedriger.
die geborenen Kinder haben weniger chromosomale Auffälligkeiten.
bei vorliegen genetischen Familierenbelastung besteht die Möglichkeit die genetisch abnormale Embryonen aussortieren. Familiereerbkrankheiten können Dank der Gendiagnostik vermindert werden.
Eine weitere speziale Diagnostik an Spermien bietet die sog. IMSI was bedeutet eine Intrazytoplasmatische Morphologisch Selektierte (Spermien) Injektion.
Diese diagnostische Technik wird seit 4 Jahren von mehreren IVF Zentren im Deutschland und im Ausland den Patienten angeboten. Die israelischen Wissenschaftler haben in ’90 Jahren die ICSI zur IMSI-Methode entwickelt.
Die neue Technik ist einfach eine Modifikation des Standard ICSI-Technik, bei der die Spermien noch weiter vergrößert werden und zwar auf eine 6000 - bis 8000-Fache Vergrößerung, dadurch werden bestimmte Merkmale des Spermiums besser sichtbar. Faktoren wie DNA-Fragmentation, Zytoplasma-Retension, chromosomale Aberrationen, apoptopische Prozesse oder peristierende Histone haben vermutlich ihre Ursache meist in einer verminderten Spermienreife. Das Auftreten von defekter DNA korreliert positiv mit abnormer Morphologie. Chromosomale Veränderungen kommen bei Spermien mit amorphen Köpfen viermal häufiger vor als bei normal geformten Spermien. DNA-Schäden, die bei der Chromatin-Umwandlung während der Spermienreife entstehen, stehen vermutlich mit intranuklearen Vakuolen im Zusammenhang. Feinmorphologische Untersuchungen haben die Integrität des Zellkerns (gleichmäßige Form, keine Vakuolen) als wichtigsten Parameter für eine erfolgreiche Spermieninjektion ermittelt. Bei IMSI zählen Spermien zur ersten Wahl, wenn der Nukleus höchstens eine Vakuole enthält oder mehrere kleine welche insgesamt weniger als vier Prozent der Gesamtfläche einnehmen und wenn der Kopf glatt, symmetrisch und oval geformt ist. Spermien zweiter Wahl besitzen große Vakuolen bzw. abnorm geformte Zellkerne. Ausgeschlossen werden möglichst alle übrigen pathologischen Formen, die Missbildungen an Kopf, Mittelstück oder Schwanz aufweisen, bzw. juvenile Formen.
Das Grundprinzip des IMSI Verfahren ist sehr logisch und nachvollziehbar – man verwendet eine höhere Vergrößerung um damit die "besten" Spermien für die ICSI auszuwählen. Man kann also erwarten, dass mit dieser Technik eine höhere Schwangerschaftsrate erzielt werden kann.
Die Anbieter dieser Technik argumentieren, dass die IMSI Methode vor allem besonders für Patienten mit missglückter ICSI-Behandlung geeignet ist. Dank der 6000 fachen Vergrößerung kann man evtl. Missbildungen bei Spermien sichtbar machen, so dass nur „gesunde“ Spermien ausgesucht werden, die dann sofort in die Eizellen injiziert werden. Damit steigt automatisch die Implantations- sowie Schwangerschaftsrate um das doppelte im Vergleich zu einer IVF-Behandlung.
Diese Technik wird in unserem Zentrum nur in Ausnahmefällen angeboten, und zwar wenn die SCSA® - Analyse einen erhöhten Wert ergibt oder bei schwerer Teratozoospermie bzw. bei TESE Anwendung, weil man aus unserer Erfahrung und aus den neuesten Studien bezüglich der Korrelation zwischen der erhöhten Schwangerschaftsrate und der Anwendung der IMSI Technik feststellte, dass bis jetzt keine signifikanten höheren Schwangerschaftsraten zu beobachten sind. Eine direkte Korrelation zwischen der Oberflächen Struktur (keine Vakuolen) des Spermiums und der höheren Implantations- Schwangerschaftsrate bei ICSI Patienten konnte man bis jetzt nicht belegen, so dass die allgemeine Meinung in den wissenschaftlichen Kreisen herrscht, dass mit der IMSI Technik keine höheren Schwangerschaften zu erzielen seien. Was bis jetzt als positiver Nebeneffekt dieser Technik anzusehen ist, dass Dank ihrer Anwendung eine dauernde Diskussion und die Untersuchungsstudien entstanden sind, welche sich mit der Frage beschäftigen, wie weit die Schädigung der Spermien einen direkten Einfluss auf die Befruchtung - und damit Implantationsrate haben kann.
DNA Analyse der Spermien
In Kooperation mit dem spezial Labor in Belgien führen wir auch die Analyse des Samens des Mannes durch.
Die neuesten Forschungsergebnisse zeigen, dass cirka jeder 4. Mann welcher sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterzieht, Probleme mit der Anordnung der Erbinformationen in den Samenzellen hat.
Der Kopf der Samenzelle besteht im Großen und Ganzen aus dicht angeordneten Erbinformationen und einer Kappe aus Enzymen auf dem vordersten 2/3 des Kopfes. Die Enzyme werden gebraucht damit die Samenzelle durch die Haut der Eizelle eindringt. Der Schwanz der Samenzelle gewährleistet die Bewegung und der vorderste Teil des Schwanzes produziert Energie für die Bewegung.
Da die Erbinformationen der Samenzelle nicht gebraucht werden bevor sie in die Eizelle eindringt, sind sie durch eine sehr dichte Anordnung geschützt. Im Gegensatz zu anderen Körperzellen hat die Samenzelle keine Enzyme um etwaige Schäden an der Erbmasse zu reparieren. Falls die Erbinformationen in der Samenzelle beschädigt werden, kann dieser Schaden erst nach der Befruchtung der Eizelle repariert werden. Die Eizelle kann jedoch nur kleinere Schäden reparieren.
Probleme mit der Anordnung der Erbinformationen können mit der SCSA® - Methode nachgewiesen werden (SCSA® ist die Abkürzung für „Sperm Chromatin Structure Assay“). Die Analyse wurde von Prof. Don P. Evenson von der University of South Dakota entwickelt.
SCSA® - Analyse wird mithilfe eines Flowcytometers vorgenommen, welche eine sehr präzise Bestimmung der Anordnung der Erbinformationen in der einzelnen Samenzelle ermöglicht. Die Apparatur ermöglicht gleichzeitig, dass cirka 5000 Samenzellen bei jeder Analyse untersucht werden, so dass die Bestimmung sehr genau wird. Die Analyse so schwer auszuführen, dass diese SCSA® - Methode weltweit nur in einigen wenigen Speziallaboratorien etabliert ist.
Das Ergebnis der SCSA® - Analyse kann genutzt werden, um die effektivste Behandlung zu wählen und gleichzeitig um aussichtslose Behandlungen zu vermeiden.