Es handelt sich bei der Kryokonservierung (cryos, gr.: Kälte), um ein Verfahren, welches ermöglicht, das genetische Material (Eizelle, Spermien) tiefgefroren bzw. bei sehr tiefen Temperaturen aufzubewahren. Die heute übliche Methode in der Medizin ist die Kryokonservierung mit Hilfe von flüssigem Stickstoff (LN2), bei der die Lagerungstemperatur -196°C erreicht.
Befruchtete Eizellen (Vorkernstadien), Spermien und Hodengewebe können mit Hilfe der Kriokonservierungstechniken über mehrere Monate oder Jahre (praktisch unbegrenzt) gelagert werden. Zu diesem Zweck müssen sie vorher tiefgefroren sein.
In der Kryokonservierung unterscheidet man folgende Schritte:
Inkubation in einem Kryoprotektivum (Einfriermedium) mit der Aufgabe einer Dehydrierung der Zelle und einer teilweisen Penetration des Einfriermediums in die Zelle
eigentlicher Einfrierprozess (die Zelle wird vom physiologischen Temperaturbereich auf extrem niedrige heruntergekühlt),
die Lagerung des Gefriergutes in flüssigem Stickstoff
den Prozess des Auftauens
die Verdünnung und Entfernung des Kryprotektivums und Rehydrierung der Zelle
das Zurückführen der Zelle in eine für sie physiologische Umgebung.
Das biologische Material wird(Eizelle, Embryo, Ovargewebe, Spermien, Hodengewebe) nach der Inkubation in einem Einfriermedium auf zwei unterschiedlichen Einfriertechniken eingefroren:
Slow-Freesing
Die traditionellen "Slow-rate"-freesing mit Äquilibrierung, da das biologische Material Wasser enhält. Beim Gefrierprozess bilden sich daraus Eiskristalle im Inneren der Zelle. Es erfolgt die kontrollierte Formation von Eiskristallen durch ein automatisches oder manuelles "Seeding" bei -5 bis -7°C. Dies induziert die "kontrollierte" Bildung von großen Eiskristallen, welche sich nur sehr langsam innerhalb der Lösung ausbreitet. Um die spontane Bildung der Eiskristalle zu unterbinden, benötigt man "Slow- freezing"-Protokolle für den kompletten Einfriervorgang z. B. für Eizellen 1-3 h und für Embryonen bis zu 5 h.
Vitrifikation
Andere Kryokonservierungmethode, die seit ein paar Jahren im Einsatz sind, ist die Vitrifikation. Vitrifizierung (lat.vitrum„Glas“) ist das Festwerden einer Flüssigkeit durch die Erhöhung ihrer Viskosität während sie abgekühlt wird – wobei eine Kristallisation ausbleibt und somit ein amorphes Material entsteht. Das wird durch extrem schnelles Abkühlen (20 000 °C pro Sekunde) hervor gerufen. Die Vitrifikation stellt eine ultra-schnelle Einfriertechnik dar, welche auf dem direkten Kontakt zwischen der Vitrifikationslösung (enthält ein oder 2 Kryoprotektiva) und dem flüssigen Stickstoff basiert. Im Wesentlichen unterscheidet sich die Vitrifikation von traditionellen Einfrierverfahren im positivem Sinne durch:
keine Eiskristallbildung,
höhere Konzentration des Einfriermediums,
geringeres Volumen des Gefriergutes,
höhere Kühlraten dadurch wenig zeitintensiv hinsichtlich Dauer und Durchführung,
Einfachheit der Protokolle
Höhere Überlebens- Schwangerschaftsraten
Im negativen Sinne:
Hohe Kosten
Technik nicht als Rutine implementiert
Schwierige Handhabung
Die Vitrifikation hat am meisten in den IVF-Zentren in Deutschland bis jetzt relativ wenig praktische Bedeutung im Bereich der Assistierten Reproduktionsmedizin. Gründe dafür könnten neben den nicht-konstanten Überlebensraten sein, dass zum einen eine große Vielfalt an verschiedenen Trägersystemen für die Vitrifikation beschreiben und zum anderen viele verschiedene Vitrifikationslösungen und Protokolle publiziert wurden. Unsere Erfahrung, die wird innerhalb der letzten 2 Jahren mit der Vitrifikatinstechnik gemacht haben, zeigten, dass die Handhabung trotz der Einfachheit der Protokolldurchführung sehr schwer ist und erfordert ein hohes Maß an Erfahrung und Rutine. Nur dann ist es dem Zentrum möglich, die Überlebensraten auf konstanten Niveau zu halten. Vitro-Med hat aufgrund der höheren Schwangerschaften seit 2008 die Vitrifikationsmethode als Grundmethode der Kryokonservierung eingeführt.
Die Lagerung des Erbgutmaterials erfolgt in flüssigem Stickstoff (-196°C) in speziellen vakuumisolierten Behältern.
Einfrieren von befruchteten Eizellen (Vorkernstadien)
Werden im Rahmen einer IVF- oder ICSI-Behandlung mehr Eizellen befruchtet, als Embryonen beim Embryotransfer übertragen werden sollen, können diese "überzähligen" befruchteten Eizellen im sog. Vorkernstadium kryokonserviert werden. Das Einfrieren von Vorkernstadien bietet Paaren, die sich einer Infertilitätsbehandlung unterziehen, eine ganze Reihe von Vorteilen. Wenn das In-Vitro-Fertilisations- bzw. das Mikroinjektionsverfahren nicht zur Schwangerschaft geführt hat und es leider zu einer Fehlgeburt gekommen ist, oder das Paar sich nach erfolgreicher Behandlung nochmals ein Baby wünscht, kann erneut versucht werden, eine Schwangerschaft herbeizuführen, indem man ein aus der künstlichen Befruchtung einer Eizelle mit dem Sperma des Partners entstandenes Vorkernstadium, das eingefroren wurde, wieder auftaut und nach Weiterentwicklung zu einem Embryo in die Gebärmutter einpflanzt. Dadurch erspart man der Frau eine langwierige Behandlung mit Hormonmedikamenten, als auch eine erneute Follikelpunktion. Erfahrungsgemäß überstehen etwa 80% aller Eizellen dieses Konservierungsverfahren unbeschadet. Nur solche Zellen, die sich erkennbar normal weiter teilen, werden für die nächste Embryo-Übertragung herangezogen.
Das Verfahren ist bewährt und sichert die Schwangerschaftsrate, welche durchschnittlich bei 18 %liegt. Diese Rate ist etwas niedriger als bei „frischen Embryonen“. Trotzdem erhöht die Kryokonservierung die Eizellentnahme, bezogene auf die Schwangerschaftsrate.
Einfrieren von Embryonen
Das Einfrieren von Embryonen, die sich durch Teilung aus den Vorkernstadien entwickelt haben, ist in Deutschland nur in Notfällen gestattet. Ein solcher Notfall ist z.B. gegeben, wenn ein geplanter Embryotransfer aufgrund einer schweren Erkrankung oder eines Unfalls der Patientin nicht durchgeführt werden kann. Auch diese eingefrorenen Embryonen können zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Patientin wieder genesen ist, aufgetaut und transferiert werden.
Einfrieren von unbefruchteten Eizellen
Das Einfrieren von unbefruchteten Eizellen kann erforderlich sein, wenn am Tag der Follikelpunktion aus verschiedenen Gründen keine Spermien des Partners zur Verfügung stehen, um eine Befruchtung durchführen zu können. Aufgrund bestimmter Eigenschaften dieser Zellen ist deren Einfrieren um einiges schwieriger als das Einfrieren von Vorkernstadien oder Embryonen. Heute gibt es aber auch für diese Zellen speziell zugeschnittene Einfriermethoden.
Einfrieren von Spermien
Das Einfrieren von Spermien kann erforderlich bei Männern mit Problemen bei der zeitgerechten Spermagewinnung am Tag der Follikelpunktion sein, vor einer längeren Abwesenheit des Mannes während der Sterilitätstherapie oder bei Männern, deren Ejakulat zeitweise gar keine Spermien oder regelmäßig nur sehr wenige Spermien enthalten. Bei letzteren kann das Einfrieren mehrerer Ejakulate im Vorfeld einer Sterilitätsbehandlung die Gesamtanzahl der Spermien, die zur Befruchtung benötigt werden, erhöht werden. Auch die aus dem Hodengewebe isolierten Spermien (TESE) können erneut für eine weitere Kinderwunschbehandlung eingefroren werden, jedoch ist die Überlebensrate für diese Technik niedriger. Für junge Männer, bei denen aufgrund einer schweren Erkrankung eine Hodenoperation oder eine Chemo- bzw. Strahlentherapie geplant ist, die eine Einschränkung der Fruchtbarkeit erwarten lässt, bei denen anschließend aber noch Kinderwunsch besteht, kann das Einfrieren von Spermien sehr sinnvoll sein. Die Samenkonservierung wird auch bei allen Samenspender aufgrund der HIV Infektionsgefahr (HIV Inkubationszeit 6 Monate) eingesetzt.
Die eingefrorenen Spermien können dann je nach Ausgangssituation für eine ICSI-Therapie oder auch eine Inseminations-Therapie verwandt werden.
Hodengewebe
Auch das für ein TESE-Verfahren (siehe MESA/TESE Verfahren) operativ gewonnene Hodengewebe wird eingefroren, um für einen nachfolgende Kinderwunschbehandlung aufgetaut zu werden. Mit den daraus isolierten Spermien kann eine ICSI-Behandlung durchgeführt werden. Damit entfällt die Notwendigkeit wiederholter chirurgischer Eingriffe.
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Einfrieren von Ei- und Samenzellen - Kryokonservirung